2 IPv6
2.1 Einführung in IPv6

Verwendet man das Internet für E-Mails, Datenübertragung, Browsen im Web, Herunterladen von Dateien, Bildern oder Videos oder für alle weitere Dienste oder Anwendungen, braucht die Kommunikation zwischen den Netzwerkelementen und dem individuellen Computer, Laptop oder Smartphone das Internetprotokoll (IP, engl. Internet Protocol), womit das technische Format der Pakete und das Adressierungssystem für alle im Netz kommunizierenden Geräte definiert wird.

Das IPv6 (Internet Protocol Version 6) ist die neueste Version des Kommunikationsprotokolls, das ein System der Identifikation und Lokalisierung für Computer im Netz darstellt und das zum Routing des Datenverkehrs im Internet dient.

Für den Anschluss eines Gerätes ans Internet muss ihm eine IP-Adresse zugeteilt werden. Die erste Version des öffentlich eingesetzten Internetprotokolls war IPv4 (Internet Protocol Version 4). Dieses Protokoll wurde von DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) entwickelt. Diese Behörde des Verteidigungsministeriums der Vereinigten Staaten wurde im Jahre 1958 gegründet und ist für die Entwicklung von neuen Technologien vor allem für Militäranwendungen verantwortlich. IPv4 arbeitet mit einem System aus nummerischen Adressen mit 32 Bits. Gerade die Länge von 32 Bits begrenzt die gesamte Anzahl der verwendbaren Adressen auf ungefähr 4,3 Milliarden für alle weltweit ans Internet angeschlossenen Geräte. Bald schon gab es mehr Geräte als verfügbare Adressen. Daher fing die Internettechnik-Arbeitsgruppe IETF (Internet Engineering Task Force), die sich mit der Erstellung von Standards fürs Internet beschäftigt, schon im Jahre 1998 mit der Arbeit auf der neuen Version des IP an. Das IPv6, Nachfolger des IPv4, wurde zuerst im Dokument RFC 2460 formal beschrieben [3].

IPv6 verwendet ein 128-Bit-Adressformat und daher kann die Gesamtanzahl der Adressen 2128 (ungefähr 3,4⋅1038) betragen, d. h. 8⋅1028 mal mehr als IPv4. Neben der Vergrößerung des Adressraums, als einer der wesentlichsten Vorteile des IPv6, gibt es auch weitere wichtige technologische Änderungen in IPv6: eine einfachere Verwaltung, das bessere Multicast-Routing, das effizientere Routing im Allgemeinen, das einfachere Headerformat, die integrierte Authentifizierung und die Unterstützung der Privatsphäre.

Das IPv6 wird schrittweise eingeführt und mit dem älteren IPv4 eine Zeit lang koexistieren. Die Kundengeräte, Netzwerkelemente, Anwendungen, Inhalt und Dienste werden an das neue Internetprotokoll IPv6 angepasst. Darüber hinaus wird der Übergang vom IPv4 auf IPv6 eine gemeinsame Gruppe von Standards für Firmen, Bildungssysteme u. a. weltweit einführen.

Eine IPv6-Adresse stellt acht Gruppen mit je vier hexadezimalen Zeichen dar, die mit einem Doppelpunkt getrennt werden. Weil die Adresse ziemlich lang ist, kann diese vollständige Schreibweise auch auf verschiedene Weisen verkürzt werden. Das Headerformat des IPv6 ist auf dem Bild 1 gezeigt.

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Abb. 1. Headerformat des IPv6 [3]

Struktur des Headerformats des IPv6

Version

4 Bits, Version des Internetprotokolls = 6

Verkehrsklasse

8 Bits

Flow-Label

20 Bits

Nutzdatenlänge

16 Bits, unsignierte ganze Zahl, die Länge des Blocks der Nutzdaten, d. h. des Restes des Pakets nach diesem Header, in Oktetten

Nächster Header

8 Bits, Selektor zur Identifikation des Headertyps gleich nach diesem IPv6-Header, es werden die gleichen Werte wie beim IPv4 verwendet

Hop-Limit

8 Bits, positive ganze Zahl, bei jedem Durchgang des Pakets durch Netzknoten um 1 vermindert, beim Null des Hop-Limits wird das Paket verworfen

Quelladresse

128 Bits, Adresse des Paketabsenders

Zieladresse

128 Bits, Adresse des geplanten Empfängers des Pakets (wenn es einen Routingheader gibt, muss es sich nicht um den letzten Empfänger handeln)

Die wichtigsten vom IPv6 eingeführten Neuigkeiten sind: ein neues Headerformat, eine effiziente und hierarchische Adressierungs- und Routinginfrastruktur, ein größerer Adressraum und eine Adresskonfiguration sowohl ohne und mit Adressen, die IP-Sicherheit, die Erweiterungsmöglichkeit, eine bessere Unterstützung der Dienstgüte (QoS) und ein neues Protokoll für Interaktion von benachbarten Knoten.

Das IPv6 löste einige Sicherheitsprobleme der IPv4-Netze durch Einführung der obligatorischen (heutzutage schon wählbaren) IP-Sicherheit IPsec (engl. IP Security). Daher ist IPv6 viel effizienter. IPsec verbessert das ursprüngliche IP durch Sicherstellung der Authentizität, Integrität, Vertraulichkeit und Zugriffskontrolle für jedes IP-Paket mittels der Protokolle AH (Authentication Header) und ESP (Encapsulating Security Payload). Darüber hinaus bedeutet die Vergrößerung der Bitanzahl im Adressfeld auf 128 Bits ein bedeutsames Hindernis für Angreifer, die ein komplexes Port-Scanning planen. Andererseits kann ein öffentlicher Schlüssel mit der IPv6-Adresse verbunden werden: dann spricht man über eine kryptographisch generierte Adresse (engl. CGA, Cryptographically Generated Address).

IPv6 garantiert auch eine höhere Sicherheit des mobilen Anschlusses. Obwohl das MobileIP schon in IPv4 zur Verfügung stand, handelt es sich beim IPv6 im Unterschied zum IPv4 um eine integrierte, nicht nur ergänzte Funktionalität. Dies bedeutet, dass jeder IPv6-Knoten nach Bedarf ein mobiles IP verwenden kann. Das mobile IPv6 verwendet im Header zwei Erweiterungen: einen Routingheader zur Registrierung und einen Zielheader zur Zustellung der Daten zwischen den mobilen Knoten und den entsprechenden festen Knoten.